Eines der eindeutigsten Zeichen, dass man alt wird ist, wenn man sich selber dabei beobachtet, die Stirn in Falten des Nachdenkens zu legen, und zu versuchen, das von den „Jungen“ eben gehörte irgendwie in einen dem eigenen Alter entsprechenden Kontext zu übersetzen.

Selbiges passierte mir in der beeindruckenden Reise, die ich heuer gemeinsam mit den U16 Jungs erleben darf das ein- oder andere Mal. Während ich mit vollkommen altmodischen „old-school-Zurufen“ wie „ruhig bleiben, entspannt euch“ und dergleichen versuche, die Jungs zu erreichen, kommunizieren sie auf ihre eigene Weise: „Chill“ – gerne kombiniert mit der liebevollen Anrede „Digger“. Das simple „Oida“, das früher in gewissen Kreisen automatisch zu Beginn und Ende jedes Satzes erfolgen musste, scheint ausgedient zu haben. Möge es ruhen in Frieden – mein persönlicher Abschiedsschmerz wird sich in Grenzen halten.

Das Thema „unterschiedliche Herangehensweise“ ist ein Sinnbild der bisherigen U16 Saison. Die aus den U15 Helden des letzten Jahres und neuen jungen Wilden bunt zusammengewürfelte Mannschaft musste sich erst finden. Die Erwartungshaltung war im Herbst 2023 dementsprechend gering. „Lassen wir sie einmal Erfahrungen sammeln, und im kommenden Jahr werden sich dann die ersten Erfolge einstellen“ war die ursprüngliche Devise. Angesichts der unterschiedlichen Voraussetzungen innerhalb des Teams (vom zukünftigen Profi bis zum absoluten Neuling) wusste niemand, was diese Saison bereithalten würde.

Angesichts der bisherigen Spiele (7 Siege und 1 Niederlage) war für das ÖMS Qualifikationsturnier in Zwettl, welches in 2 Hallen gespielt wurde, eine gewisse Portion Optimismus angebracht. Allerdings war klar, dass im Unterschied zum Grunddurchgang bei diesem Turnier alle anderen Teams mit ihrer absolut stärksten Besetzung auflaufen würden.

Unser erstes Match fand in der „kleinen“ Halle statt, die zwar sehr niedrig, aber dafür bitterkalt war (also eine perfekte Mischung aus allem, was Volleyballer nicht brauchen können). Auf der anderen Seite des Netzes stand das Team aus Purkersdorf. Wie schon während der Saison konnte wir das Spiel mit 2:0 gewinnen.

In Runde 2 durften wir gegen Bisamberg in der großen Halle wieder auftauen. Für lange Zeit waren die angenehmen Temperaturen das positivste am Spiel. Am Ende konnten wir mit viel Kampf und großem Willen wieder 2:0 gewinnen. Schon vor dem Spiel mussten wir den ersten Ausfall hinnehmen: Xaver (siehe „junge Wilde“), der uns zuverlässig in jedem Spiel der Saison unterstütze saß bleich und in Jacken eingehüllt da und musste schweren Herzens das Turnier verlassen. Gute Besserung, Xaver und vielen Dank für deinen großartigen Teamgeist und dafür, dass wir uns immer auf dich verlassen können!!! Während des Spieles zeichnete sich ab, dass auch weitere Spieler alles andere als fit waren. Zeitweise hörte man vor lauter Husten keine gegenseitige Zurufe (egal, ob old-school oder jugendlich) mehr. Speziell unsere Außenangreifer Felix (Kategorie „zukünftiger Profi“) und Tobias (= „U15 Held“) schleppten sich sichtlich angeschlagen über das Feld und machten trotzdem Punkt um Punkt.

Im dritten Spiel wartete mit Zwettl unser alt-bekannte „Erzrivale“. Egal in welcher Altersklasse: das Duell mit Zwettl war in meiner bisherigen Trainer-Karriere fast immer das Duell um den Turniersieg. Wir starteten (dieses Mal wieder in der Kühlschrank-Halle) sehr gut, und konnten uns im ersten Satz eine Führung erarbeiten. Im weiteren Verlauf machte sich allerdings immer mehr bemerkbar, dass Zwettl ein seit Jahren eingespieltes Team ist, während bei uns verständlicher Weise noch viele Abläufe nicht automatisch ablaufen. Leider war es durch den frustrierenden Spielverlauf dann auch mit dem Chillen definitiv vorbei, und es wurde mehr ein interne Streit als ein gemeinsames Aufbäumen gegen einen sehr starken Gegner. Die bittere und logische Konsequenz war, dass wir eindeutig 0:2 verloren.

Somit war klar, dass wir das letzte Spiel gegen Wr. Neustadt gewinnen mussten, um uns für die ÖMS zu qualifizieren. Wr. Neustadt ist gemeinsam mit Zwettl und uns sicher das aktuell stärkste Team in NÖ. Die sehr angespannte Moral nach der Klatsche gegen Zwettl, die schwindenden Kräfte mancher Spieler, und die Tatsache, dass wir genau 20 Minuten Zeit zum nächsten Match hatten, machte die Ausgangsposition für uns nicht einfacher. In diesem Fall halfen uns genau 2 Dinge: zusammenrücken und kommunizieren. Das Spiel gegen Zwettl hatte einen einzigen positiven Aspekt: alle erkannten, dass sie sich gegenseitig unterstützen müssen um ihr gemeinsames Ziel zu erreichen, und dass man gegen gute Mannschaften nur gemeinsam erfolgreich sein kann. Ich stehle jetzt den Satz einer lieben Spieler-Mama, die nach dem Turnier den Jungs geschrieben hat „ihr seht, was alles möglich ist, wenn jeder Einzelne an sich und an das Team glaubt“. Sie könnte nicht mehr recht haben. Ich führte vor dem Spiel mit den Jungs noch ein paar last-minute Einzelgespräche, und offensichtlich verstanden wir uns, trotz der uns altersmäßig trennenden Dekaden perfekt. Von Anfang an war es ein sehr ausgeglichenes Match. Dennoch fühlte es sich im Vergleich zum Spiel gegen Zwettl wie ein anderer Sport an. Natürlich passierten weiterhin Fehler. Natürlich lief nicht alles perfekt. Der große Unterschied jedoch war: wir halfen uns gegenseitig. Jeder Fehler wurde mit Aufmunterung und Hilfestellung beantwortet. Die Jungs gingen nach jedem Ballwechsel zusammen in einen kleinen Kreis, feuerten sich gegenseitig an und sprachen kurz darüber, was sie im kommenden Ballwechsel besser machen können. Am Ende konnten wir in beide Sätze knapp, aber erfolgreich und verdient für uns entscheiden und gewannen mit 2:0. Alle Spieler mussten sich erst einmal mitten im Spielfeld hinsetzen bzw. hinlegen. Egal, wie lange die Jungs am Platz standen: jeder gaben sein absolut Bestes – sei es Anfeuern von der Bank aus, einen Marathon im Spielfeld zu laufen um selbst die wildesten Annahmen zu erreichen (danke Luki => ebenfalls Kategorie Profi in spe, für deine verblüffende Schnelligkeit und dein präzises Aufspiel ohne dem unsere Angreifer nichts machen könnten), bei Kurzeinsätzen alles abzurufen und somit allen zu helfen oder nach super überstandener OP wieder an die körperlichen Grenzen gehen zu können.

Nachdem Wr. Neustadt im letzten Spiel gegen Zwettl verlor, erreichten wir den zweiten Platz in diesem Qualifikationsturnier und fahren somit im Mai zu den österreichischen Staatsmeisterschaften nach OÖ.

Zusammenfassend möchte ich der Mannschaft noch einmal sagen:
ich bin wirklich unendlich stolz auf euch!!! Ihr habt nicht nur gegen sehr starke Teams gewonnen, sondern auch den (oft noch stärkeren) Gegner auf der eigenen Seite des Netzes besiegt. Es ist nicht leicht, in schwierigen Zeiten aufeinander zuzugehen und sich gegenseitig aufzubauen. Es ist sehr schwer, in Momenten der Anspannung loszulassen und den anderen zu vertrauen. Es fühlt sich oft nahezu unmöglich an, seinen Kollegen in kritischen Momenten ein aufbauendes Lächeln zu schenken, obwohl man am liebsten schreien würde um den eigenen Stress abzubauen. Ihr habt all das im Laufe dieser Saison und speziell in diesem Turnier gemacht, und das ist noch viel viel wichtiger als die Qualifikation für die ÖMS.

In diesem Sinne: danke für euren unendlichen Einsatz, euer Vertrauen und eure Geduld (natürlich merke ich, dass meine old-school-Zurufe auch euch manchmal die Falten auf die Stirn treiben). ÖMS, wir kommen!!!!